Andere Sprache, anderes Denken?
Der berühmte italienische Regisseur Federico Fellini hat einmal gesagt: „Eine andere Sprache ist eine andere Sichtweise auf das Leben.“
Diesem Spruch stimme ich absolut zu. Eine Fremdsprache kann einen komplett verändern – seine Denkweise und auch seine Wahrnehmung.
Ich möchte zunächst über meine eigenen Erfahrungen sprechen.
Deutsch ist nicht meine Muttersprache. Ich lerne Deutsch, seit ich in der
Schule bin. Ich schreibe bewusst, dass ich die Sprache immer noch lerne, weil
eine Fremdsprache immer eine Fremdsprache bleibt und ein gewisses Training
erfordert. Ohne Training wird die Sprache vergessen. In der Schule war Deutsch
jedoch sehr langweilig für mich. Und obwohl ich in diesem Fach immer gute Noten
hatte, habe ich kaum etwas verstanden. Was mich damals im
Fremdsprachenunterricht fasziniert hat, war unsere Lehrerin, die einmal in
Deutschland gewesen war und uns immer schöne Bilder und Geschichten über
Deutschland erzählt hat. Manchmal haben wir sie sogar gebeten, uns erneut eine
Geschichte über Deutschland zu erzählen. Das war ein Trick, um sie vom
eigentlichen Unterricht abzulenken. Fremdsprachen in der Schule – das ist ein
Thema für sich. Ich denke, das Fach ist oft langweilig und mühsam.
Es hat sich dann so entwickelt, dass ich doch Interesse für
die deutsche Sprache entwickelt habe. So sehr, dass ich später Deutsch und Englisch an der
Universität studiert habe. Und natürlich musste ich auch Latein pauken, was uns damals überhaupt
keinen Spaß gemacht hat.
Eine Sprache zu lernen bedeutet gleichzeitig, die Kultur und
Geschichte des Landes kennenzulernen, Bücher in dieser Sprache zu lesen.
Irgendwann möchte man das Land besuchen. Und ob man will oder nicht – die
Denkweise verändert sich. Eine Fremdsprache kann einem die Identität nicht
stehlen, aber sie wird ein Teil von ihr. Diese Entwicklung geschieht
schleichend, man kann sie kaum spüren, aber sie passiert.
Nicht ohne Grund haben Eltern mit Migrationshintergrund
Angst, dass ihre Kinder ihre Muttersprache und damit ihre Identität verlieren.
Und das passiert tatsächlich oft. Beim Erlernen einer Fremdsprache übernimmt
man oft unbewusst kulturelle Werte und Normen, die die eigene Denkweise prägen.
Ich selbst komme aus einer solchen Familie. Als Kind habe ich die Muttersprache
meiner Mutter sabotiert – ich habe alles verstanden, aber ich habe nicht in
dieser Sprache gesprochen, weil ich mich mit anderen Kindern identifizieren
wollte. Erst später habe ich die Sprache meiner Mutter bewusst gelernt.
Man muss jedoch keine Angst vor den Veränderungen haben, die
das Erlernen einer Fremdsprache mit sich bringt. Eine Fremdsprache zu lernen,
verändert nicht nur die Art und Weise, wie wir kommunizieren, sondern auch, wie
wir denken, fühlen und die Welt wahrnehmen. Sie erweitert den Horizont, fördert
kognitive Flexibilität und öffnet die Tür zu neuen Kulturen und Perspektiven.
Letztendlich wird eine Fremdsprache zu einem Teil der eigenen Identität und
bereichert das Leben auf vielfältige Weise.
Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, fühlen sich oft in verschiedenen Kulturen zu Hause und können sich leichter in unterschiedliche soziale Gruppen integrieren. Je mehr Fremdsprachen man spricht, desto flexibler geht man mit der Komplexität dieser Welt um. Man hat die Möglichkeit, Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten – und das ist für mich das Beste an diesem Prozess.