Bilingualismus und das Lernen von Fremdsprachen
Wir haben einer unserer Autoren Mario zu diesem Thema befragt. Mario ist bilingual und mit drei
Sprachen aufgewachsen: Zu Hause sprach seine Familie Italienisch und Spanisch,
während er im Fußballverein und draußen mit Freunden Deutsch verwendete. In der
Europaschule lernte er außerdem auch etwas Englisch.
Obwohl Mario
mühelos zwischen seinen Sprachen wechseln kann und sogar in mehreren Sprachen
denkt und träumt, behauptet er, beim Erlernen von Fremdsprachen nicht besonders gut zu
sein. Englisch war in der Schule für ihn eine Herausforderung, und er ist
überzeugt, keine besondere Sprachbegabung zu haben.
Das hat uns
überrascht, denn allgemein wird angenommen, dass Bilinguale schneller
Fremdsprachen lernen. Doch stimmt das tatsächlich? Oder unterschätzt Mario
seine Fähigkeiten?
Forschungen zeigen, dass bilinguale Menschen
tatsächlich Vorteile beim Erlernen weiterer Fremdsprachen haben können. Ihre
Fähigkeit, flexibel zwischen zwei Sprachen zu wechseln (Code-Switching),
fördert ihre sogenannte exekutive Kontrolle im Gehirn. Das ist die Fähigkeit,
sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, irrelevante Informationen auszublenden
und schnell zwischen verschiedenen Anforderungen zu wechseln. Diese kognitiven
Prozesse helfen auch beim Erlernen neuer Sprachstrukturen und -muster.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Bilinguale oft ein
besseres metalinguistisches Bewusstsein haben. Das bedeutet, dass sie Sprache
bewusster wahrnehmen, Regeln besser erkennen und Ähnlichkeiten zwischen
Sprachen leichter identifizieren können. Zum Beispiel fällt es bilingualen
Kindern häufig leichter, grammatische Strukturen zu analysieren oder Wortstämme
in neuen Sprachen wiederzuerkennen.
Bilingualismus, also das Sprechen von zwei Sprachen, hat
viele Vorteile. Aber es gibt auch einige Herausforderungen. Nicht alle Menschen, die zwei Sprachen
sprechen, profitieren gleich davon. Es kommt darauf an, wie motiviert man ist,
wie groß das Interesse ist und wie gut das Gedächtnis funktioniert.
Der Vorteil von Bilingualismus ist beim Fremdsprachenlernen nicht bei allen gleich ausgeprägt. Es gibt bilingual aufgewachsene Menschen, die trotz ihres sprachlichen Hintergrunds Schwierigkeiten mit neuen Sprachen haben – genauso wie monolinguale Menschen, die große sprachliche Begabungen zeigen.
Bilingualismus
bietet jedoch eine gute Grundlage, die je nach individuellen Fähigkeiten und
Umständen genutzt werden kann. Wie erfolgreich eine Person neue Sprachen lernt,
hängt letztlich von einer Kombination aus kognitiven, sozialen und
motivationalen Faktoren ab – und nicht nur davon, ob sie von Geburt an
zweisprachig ist.
Und jetzt
zurück zu Mario! Wir sind überzeugt, dass Mario ein Sprachgenie ist. Durch
gezielte Förderung und Unterstützung seitens der Lehrkräfte lassen sich viele
Herausforderungen beim Sprachenlernen überwinden. Wenn Mario eine
neue Sprache lernen möchte, muss er – wie alle anderen – eine Lernmethode
finden, die zu ihm passt. Geduld spielt eine wichtige Rolle, sobald man genau
weiß, wofür man diese neue Sprache benötigt. Das Ziel ist entscheidend.